New Kids on the Blog

Nun sind wir also zu dritt. Blogs über Blogs hätte ich schon über unser Kind schreiben können, aber womöglich gibt es inzwischen im Mutterleib einen Internetanschluss, und wenn so ein kleiner Mensch einen Blog über sich selbst liest, ist er vielleicht beleidigt und kommt gar nicht erst auf die Welt.
Daher gibt es keinen Blog über die vielen Verbote in der Schwangerschaft: Kein Räucherlachs! Kein Rohmilchkäse! Kein Kaffee UND keine rohe Katzen, wegen der Toxoplasmose (gekochte Katzen gehen). Und keine Flugreisen! Nun, unser Kind war bereits in Griechenland, Guatemala und der Schweiz, und bis auf ein gelegentliches Jodeln hat es selbst letzteres gut überstanden.
Es gibt auch keinen Blog darüber, was man alles für ein Kind braucht. Eine Windelablage, eine Windeleinlage, Einlagenwindeln, eine Waage, eine Wiege, einen Wiegewagen … UND ein Stillkissen, sagt meine Schwiegermutter. Ach, sage ich, unsere Kissen sind alle recht wortkarg …
Ein Babybadewannen-Gestell, sagt meine Mutter. Und eine Hängevorrichtung für das Babybadewannengestell und einen Schrank für die Hängevorrichtung für das Babybadewannengestell …
Es gibt keinen Blog darüber, wie es einem auf die Nerven fällt, dauernd saure Gurken mit Nutella angeboten zu bekommen oder darüber, wie ich still sitzen soll und aus Trotz zwei Tage vor der Geburt den Holzschuppen umräume.
Aber jetzt gibt es Alva, und endlich auch einen Blog. Ehrlich gesagt: Ich hatte mir vorgestellt, nachdem die Kleine da ist, würde ich mich entspannt ins Babybadewannengestell legen, etwas Katzensushi mit Räucherlachs essen und ein bisschen Rohmilchkäse in meinen Kaffee rühren. Weit gefehlt. Erstens klingelt alle fünf Minuten eine strenge ältere Dame von Blumen-Hoffmann und bringt Fleurop-Sträuße. Und zweitens hat unser Kind einen gravierenden Fehler: Es besitzt keine Funktionsanzeige. “Neuere japanische Modelle”, sagt mein Mann, “verfügen über Lampen am Hals, die grün oder rot blinken, je nachdem, ob Milcheinfuhr oder Abfallausfuhr gewünscht wird … ” (Hier klingelt Blumen-Hoffmann und bringt einen weiteren Strauß). Unser Kind spricht zwar mit uns, leider aber in einer uns unbekannten Sprache, und so wissen wir nie, was es möchte. Eine Weile murmelt es leise vor sich hin, dann reißt sein Geduldsfaden und es muss laut schreien. “Hat die Kleine einen guten Schlafrhythmus?”, fragen die Leute. “Oh ja”, antworten wir. “Tags schläft sie, nachts schreit sie.” Unsere Hebamme hat für alles nur eine Lösung: Muttermilch. Auf wunde Haut? Nur Muttermilch. Das Murmelkind schreit. Flüssigkeitszufuhr? Nur Muttermilch. Das Murmelkind schreit. Ins Badewasser? Nur Muttermilch. Das Murmelkind schreit. Blumen-Hoffmann bringt noch einen Strauß. Möchten sie einen Kaffee?, fragen wir die Hebamme, gegen das Geschrei anrufend. Tee? Wasser? Sie lehnt alles ab. Ob frisch gebackene Eltern ihre Hebammen häufig aus Verzweiflung vergiften? “Vielleicht”, frage ich, “einen Schluck Muttermilch?” Als die Hebamme weg ist, schlägt das Murmelkind die Auge auf und sagt laut und deutlich: “ICH WILL EIN STEAK.” Ehe ich mich wundern kann, klingelt es. Blumen-Hoffmann. “Schön schräg anschneiden, die Rosen!”, ermahnt die strenge ältere Dame mich, “und geben sie den Blumen kein chemisch verunreinigtes Wasser!” “Ich weiß”, sage ich erschöpft. “Nur Muttermilch.”