Waterbabies

Liebe Eltern! Gehen Sie  zum Babyschwimmen!, rät das Greifswalder Freizeitbad. Am Eingang verkaufen sie Schwimmwindeln. “Sicher ein Junge?”, fragt man uns. Gibt es in diesem zarten Alter schon Unterschiede im Schwimmwindel-Schnitt? “Neinnein, die Herrenwindeln haben bloß eine Tasche für die Kreditkarte.” Wir erstehen eine Mädchenwindel und verirren uns zwischen einer Menge Schränke und Türen.
Immer, wenn wir die Umkleidekabinen gefunden haben, erklärt ein Schild, hier dürfte man nicht durch, das wäre BARFUSSBEREICH. Um die Schuhe auszuziehen, müssten wir Kind und Taschen ablegen, und zwar im Nicht-Barfußbereich, den lauter schlammige Schuhspuren zieren. Schließlich klettern wir über eine Trennwand in eine Kabine. Sie ist gerade so groß, dass zwei dünne Erwachsene hineinpassen, wenn sie nicht zu heftig atmen. Kinder ablegen kann man nirgends.
“Wickeltische im Barfußbereich”, verkündet ein weiteres Schild. Haha. Wir hängen das Kind mit der Kapuze an einen Haken und entledigen uns endlich unserer Kleidung.
Dann betreten wir den Barfußbereich und schwimm-windeln das Kind. Leider ist die Schwimmwindel nicht dicht. Flüssiges geht durch. Aber jetzt haben wir es eilig, denn die anderen Eltern pilgern schon zum Becken. Ich werfe mir das tropfende Kind über den Arm und stopfe unsere Kleider in zwei Schränke. Danach kann ich meinen Mann nirgends finden. Ratlos wate ich ins Wasser.
“Ach, der Kleine ist das erste Mal dabei?”, fragt der Schwimmlehrer. “Ich zeige ihnen, wie man ihn halten muss. Selbst geschwommen wird erst nächstes Mal.” Er trägt ein Goldkettchen und ist ungefähr achtzehn. Die Kleine betrachtet ihn ganz verliebt. Was wird sie später für Männer anschleppen?
Eine Weile darf ich sie im Wasser spazieren tragen, und sie nickt den anderen Eltern huldvoll zu. Dann fällt ihr ein, dass sie noch den DAX kontrollieren und den Nobelpreis gewinnen muss, und sie schreit laut etwas, das womöglich “raaaus” heißt, womöglich auch “Scheißschwimmen!”.
Draußen findet sie es  genauso blöd, denn da ist es kalt. Ich schnappe mir die Wickeltasche, die durch zu nahen Kontakt zu mir sofort durchweicht. “Sie müssen den Kleinen abtrocknen!”, meint eine andere Mutter. “Geht nicht”, sage ich, “das Kinderhandtuch ist nass von der Schwimmwindel.” “Und wenn sie ihr Handtuch nehmen?” “Geht nicht”, sage ich, “ist auch nass.” Ich behalte die schreiende Kleine also auf dem Arm. Leider ist mein Arm – erraten! – nass.
Am Ende hole ich mein Hemd, trockne die schreiende Kleine damit ab und würge sie in ihre Kleider. Auf dem Weg zu den Kabinen wird sie wieder nass, denn ich bin ja immer noch nicht trocken. Übrigens gibt es auch große Kabinen. Leider sind sie alle von anderen Eltern mit anderen schreienden Kinder besetzt. Als ich mein feuchtes Hemd anhabe und den zweiten Schrank aufschließe, finde ich darin meinen Mann. Ich hatte ihn versehentlich mit-eingeschlossen. 
Im Vorflur gibt es Föhne, halleluja. Und unter dem warmen Luftstrahl, mitten im Schreien, schläft die Kleine ein. Erschöpft, aber trocken treten wir ins Freie. Da bricht über uns eine Wolkenwand auf. Wir haben zwar einen Schirm, jedoch keine Hand frei, um ihn zu halten … Liebe Eltern! Gehen Sie zum Babyschwimmen! Aber gehen sie nicht ohne einen Lastwagen voll Reservehandtücher und eine Eskorte von mindestens fünf Bediensteten.
Oder, noch besser: Gehen Sie ohne Baby.