Das .phone – in memoriam Loriotii – zur Zeit mal keine Blogs, sondern Sketche, why not

Das .phone
(Papa, Mama, ihre Freundin, Tochter, großer Sohn)

(Mama und ihre Freundin sitzen am gedeckten Kaffeetisch.)
Tochter (geht mit dem Staubsauber und Kopfhörern durch, den Kopf im Takt der Musik bewegend, saugend, verschwindet im Nebenzimmer)
P (kommt mit etwas unsichtbarem in der Hand herein): Sensationell, sen-sa-tionell!
M: Heinz, sagst du mal eben Guten Tag? Das ist Flusi.
F (erhebt sich): Florentine Meier, Freunde sagen Flusi (lacht etwas peinlich berührt), Gertsi und ich kennen uns vom Fitness …
P: Gertsi?
F: Ihre Gattin?
P: Meine Gattin heißt Gertrud. Mein Name ist Heinz. (guckt auf seine Hand) Sen-sa-tio-nell!
F und M: Was denn?
P: Na hier!
M: Was – hier?
P: Ich habe soeben das neue .- phone als Testgerät vom Hersteller erhalten. Das ist die jüngste Generation der i-phone, äh, i-phöner … i-phonten? Es heißt nicht mehr i-phone, das i ist quasi weg-rationalisiert worden, geblieben ist nur der Punkt, aber der wird nicht mitgesprochen … nur so als stumme Silbe, äh … also das .phone … Es ist NOCH kleiner und leichter als die übrigen, sehen Sie mal …
F: Ach. Das kann man ja gar nicht mehr … wo IST es denn?
P: Winzig, nicht wahr? Aber technisch hochbegabt. HOCHbegabt. Es kann ins Internet gehen und gleichzeitig Auraphotographie UND Kino … Kino kann es auch …
M: Aber da sieht man doch gar nichts!
P: Frauen verstehen eben nichts von solchen Dingen. ICH bin begeistert von meinem .phone – ein wahres Wunderwerk moderner Elektro … dings. Es kann auch Konferenzschaltungen, ganz leicht, man gibt einfach einen Code und eine siebenstellige Nummer ein … hier … Moment … dann kann man mit bis zu vier Leuten gleichzeitig sprechen, bei der Eingabe einer dreizehnstelligen Nummer sogar mit bis zu neun Leuten …
M: Wie soll man die denn verstehen, wenn sie alle durcheinander reden?
P: Darum geht es nicht. Sehen Sie mal (zu F. ) … hier gibt man das persönliche Geheimwort ein, es muss aus 25 Buchstaben bestehen, die jeder nur einmal vorkommen … wo hab ich denn den Zettel mit dem Wort (steigt über Kaffeetisch, um unter den Sofakissen nachzusehen) Halten Sie mal (gibt F das .phone)
F (beugt sich über das .phone): Goldig.
M: Also, Flusi und ich wollten eigentlich gerade den Kuchen anschneiden … nimmst du Milch in den Kaffee, Flusi?
F: Danke, Gertsi, nein. Milch macht zu dick …
P: (steigt umständlich zurück) Und NACH der Eingabe des persönlichen Geheimwortes kann man dann hier die Teilnehmer der Konferenz miteinander verschalten … und sieht von jedem ein Photo … da … nee ….
F: Tatsächlich.
M: Den Kuchen habe ich selbst gehäkelt … häkelst du auch?
F: Nee … (ist eher am .phone interessiert)
P: Das muss der falsche Code gewesen sein … es will jetzt auf Karaoke-Modus umstellen … kann ich nochmal eben .. (steigt wieder über den Tisch, wühlt in den Sofakissen) Gertrud! Du hast die Zettel mit den Codewörtern veräumt!
G: Ich habe gar nichts verräumt! Sahne?
F: Nee …
P: Da! (hält einen sehr kleinen Zettel hoch) Das muss der Zettel sein, der mitgeliefert wurde! (Zettel fällt ihm in die Sahne) Hoppla! Entschuldigen Sie … (sucht im Sahnetopf)
M: Ja, Flusi wollte gerade von ihrem neuen Meerschweinchen erzählen …
F: Goldhamster … haben Sie ihn gefunden?
P: Hier! (hält den verklebten Zettel hoch, leckt ihn sauber) Sehen Sie, das ist das richtige Geheimwort … wenn jetzt also gleich meine Firma anruft, kann ich ganz einfach und bequem mit ihnen konferieren … wir haben da ein wichtiges Treffen mit einer anderen Firma aus China … oder eben KEIN Treffen, Treffen werden ja unnötig mit dem neuens .phone, und das übersetzt auch synchron …
M (sauer): Dann kann ich ja ab jetzt mit Flusi über das .phone konferieren, statt mich mit ihr zum Kaffee zu treffen.
P (versteht die Ironie nicht) Richtig, richtig! Selbst der Kuchen wäre auf Knopfdruck durch diesen KLEINEN Trichter einfüll-und verschickbar …
F: Ach.
M (noch immer sauer) Der Goldhamster auch?
P: Das zwar nicht, aber man könnte ihn HÖREN, in der Konferenzschaltung kann man ja bis zu neun Kanäle …
F: NEUN Goldhamster? Ich habe doch aber nur einen!
P: WENN aber zum Beispiel der Hamster Junge bekäme, KÖNNTEN sie mit dem neuen .phone …
Huch! (das Ding ist offenbar runtergefallen) Wo ist es jetzt?
(Alle beginnen, suchend durchs Wohnzimmer zu kriechen)
Da … nee … vielleicht hier … ich hab´s! Nee, war nur ein Staubfussel … hier? Auch nicht …
Tochter (kommt mit Kopfhörern und Staubsauger herein)
Staubsauger: Sssst!
P (reißt den Stecker raus) Nicht! Das .phone!
T (nimmt Kopfhörer ab): Das WAS?
F: Das neueste Technikwunder des Jahrtausends, mit Internat, ich meine: Internet, Auraphotographie, Kino UND Konferenzschaltungsmöglichkeit für bis zu acht ..
P: Neun!
F: … neun Teilnehmer!
Telefon (klingelt im Staubsauber)
(Alle gucken betreten auf den Staubsauger)
P: Das sind sie! Die Kollegen von der chinesischen Firma! Ach Gott Trudi, gib doch mal her (reißt ihr den Staubsauger aus den Händen, geht damit ins Nebenzimmer, knallt die Tür zu) Ja? Ja, danke, ich sitze SEHR bequem. Das neue .phone ist eben doch ein Wunder an Praktikabilität … ja, ich schreibe mit …
Sohn: Wo is´n Papa?
M (sauer): Dein Vater ist in seinem Zimmer. Stör ihn jetzt nicht, er ist in einer wichtigen Konferenz mit neun chinesischen Goldhamstern.
F: Mit dem neuen .phone ist das möglich, es synchronisiert auch die Hamster … im Internet … ganz bequem und praktisch.
Sohn: Cool. (er reißt die Tür zum Nebenzimmer auf. Dort sitzt Papa und hält den Staubsaugerrüssel zwischen Ohr und Schulter geklemmt, wobei er in eine andere Öffnung des Staubsaugers hineinspricht, einen Block zwischen Staubsauger und Knien, den Stift in verkrampfter Haltung, hektisch kritzelnd, während aus dem Inneren des Staubsaugers ein unverständliches Stimmengewirr in mehreren Sprachen ertönt, außerdem das Quieken von mindestens einem Hamster)